Andreas Quinkert

Andreas Quinkert

Quinkert PR & Redaktion / ZIELBAR
Quinkert PR & Redaktion, Inhaber / ZIELBAR, Chefredakteur


Niemand weiß, was die Erfahrung wert ist. Aber es ist besser, als auf den Händen rumzusitzen, sage ich immerRichard Brautigan, US-Autor, 1935–1984

Wenn man mit Content Sinn stiftende Inhalte, mit Mehrwert für den Empfänger unter Verzicht auf hohle Werbephrasen meint, kann die Quelle dafür kaum aus der Politik kommen. Die stiehlt also wohl noch weiterhin Klaus Kleber und dem Rest der Nation wertvolle Sendezeit mit Belanglosigkeiten. Mit Ausnahme des letzten öffentlich-rechtlich geduldeten Rauchers der Nation, Altkanzler Helmut Schmidt - vielleicht. Wer hat also diesen „Content“ eigentlich erfunden, wer macht ihn und für wen eigentlich? Bevor der Begriff endgültig zum Unwort verkommt, einige Fragen an Andreas Quinkert. Rührig und eloquent, ist er einigen vielleicht schon von seinem PR-Blog aus dem Ruhrpott „Quinkert bloggt“ bekannt. Neuerdings ist er auch bei dem (relativ) neuen „Blogzine“ ZIELBAR als redaktioneller Frontmann zu finden.

Herr Quinkert, was sagen Sie zum Hype um das Thema „Content“? Neuer Wein in alten Schläuchen?

Andreas Quinkert:

Ja und nein. Einerseits geht es in den PR eigentlich immer schon um Content bzw. Inhalte im heutigen Sinne – sprich: um Zielgruppenrelevanz, Mehrwert, Qualität etc. Zumindest idealerweise. In der Praxis sieht es andererseits meist anders aus. Etwa in der Pressearbeit. In meiner Anfangszeit als PR-Freelancer habe ich ja auch als „Freier“ für Tageszeitungen gearbeitet und bekam regelmäßig Presseinfos von Unternehmen auf den Tisch. Das meiste davon war werblicher Schrott, der sich null um die Interessen der Zielgruppen scherte und redaktionell kaum zu gebrauchen war.

Überhaupt zünden rein werbliche Inhalte heute immer weniger, und den Grund dafür kennen wir aus unserem eigenen User-Verhalten im Internet: Content soll uns einen greifbaren Nutzen bieten, indem er uns fundiert informiert und uns beispielsweise bei der Lösung eines konkreten Problems hilft. Genau danach suchen wir gezielt im Web. Klassische Werbung leistet das in aller Regel nicht. Daher switchen jetzt auch mehr und mehr Unternehmen auf das sogenannte strategische Content Marketing um, also auf die „ganzheitliche“ Planung, Produktion und Promotion zielgruppenorientierter Inhalte, die über Blogs, Videos oder Whitepaper bereitgestellt werden.

So gesehen ist das Thema „Content (Marketing)“ für mich also kein Hype, sondern eine folgerichtige Reaktion auf die im Zuge des digitalen Wandels stark veränderten Gewohnheiten, Erwartungen und Bedürfnisse der Menschen.

Welche Rolle spielte Google mit seinen großen Updates seit 2011?

Andreas Quinkert:

Nun, Google ist ein ausgesprochen agiles Unternehmen, das sich seit jeher flexibel an die Bedarfe der Nutzer anpasst. Und da sich diese in den vergangenen zehn Jahren nun einmal entscheidend verändert haben, zielen viele der letzten Updates darauf ab, im Suchmaschinenergebnis die Spreu vom Weizen zu trennen, um Seiten mit qualitativ hochwertigen Inhalten besser ranken zu lassen. Sowohl als Dienstleister als auch als privater Nutzer begrüße ich das sehr. Neuen Disziplinen wie Content Marketing spielt das natürlich in die Karten.

Haben der Einsatz von Adblockern und eine zunehmende Werberesistenz der Verbraucher eine neue „Ansprache“ nötig gemacht?

Andreas Quinkert:

Auch ohne dies wäre aus meiner Sicht heute eine andere Ansprache nötig. Adblocker und die in vielen Bereichen rückläufigen Klickzahlen auf Werbebanner sind da eher ein Symptom, oder besser: ein weiterer Beleg dafür, dass Werbung nicht mehr so zieht wie früher. Wie bereits gesagt, haben sich die Zielgruppen emanzipiert und wollen per nutzenstiftendem Content überzeugt werden – und nicht etwa per Werbung zu irgendwas überredet.

Und um noch einmal an die vorangegangene Frage bezüglich Google anzuknüpfen: Durch die ständige Optimierung des Suchmaschinenergebnisses finden wir jetzt immer schneller genau die Informationen, die wir gerade benötigen. „Suchen“ ist dabei das entscheidende Stichwort: Heute kommt der Content nicht mehr zur Zielgruppe, sondern die Zielgruppe kommt zum Content. Das ist ein Unterschied ums Ganze. Entsprechend attraktiv und zweckmäßig müssen also die jeweiligen inhaltlichen Angebote sein.

Werden wir gerade Zeugen eines großen Umdenkungsprozesses, zumindest in der Werbe- und Marketingwirtschaft?

Andreas Quinkert:

Absolut. Und nicht nur dort. Ähnlich wie vor einigen Jahren im Projektmanagement vollzieht sich infolge des digitalen Wandels soeben in weiten Teilen der Unternehmenskommunikation ein Paradigmenwechsel, der die Zielgruppen- bzw. Stakeholder-Informationsbedürfnisse in den Mittelpunkt rückt. Für traditionell aufgestellte Unternehmen ist das völliges Neuland. Wobei auch nicht zu unterschätzen ist, dass für die „Unternehmenskommunikation 2.0“ weitaus agilere Strukturen nötig sind: flachere Hierarchien, höherer Vernetzungsgrad, Transparenz nach innen und außen, eigenverantwortliche Teamarbeit etc.

Viele Unternehmen tun sich enorm schwer mit dem damit verbundenen Change-Prozess … Doch ohne die Bereitschaft zu mehr Flexibilität und die Fähigkeit, sich rasch an dynamische Veränderungen anzupassen, werden nicht wenige auf der Strecke bleiben. Wehe dem, der hier zu spät kommt!

Welches Verständnis haben Sie und das ZIELBAR-Team von gutem Content? Kann man das ganz unterschiedlich definieren?

Andreas Quinkert:

Unser Content ist immer nur dann gut, wenn er den Lesern etwas bringt – sie klüger macht, ihnen eine Hilfestellung bietet, ein Problem löst. Das steht ja auch in etwa so in unseren Richtlinien für Gastbeiträge, die für uns selbst nicht minder gelten.

Man muss seine Zielgruppe also genau kennen und wissen, was sie umtreibt und wo ihr gerade der Schuh drückt. Nur dann lassen sich Inhalte möglichst geschmeidig auf aktuelle Fragestellungen abpassen. Das ist alles andere als trivial, und da wir ein immer größeres Themenspektrum rund um Marketing, PR, Social Media, Blogging etc. abdecken, bedient ZIELBAR mittlerweile eine sehr breit gefächerte Zielgruppe: Unternehmen, Agenturen, Freelancer und Blogger. Gut also, dass wir alle selbst in oder für Unternehmen und Agenturen arbeiten, zum Teil freiberuflich tätig sind und eigene Blogs pflegen. Wir sind somit „nah dran“ an unseren Lesern – und eben auch an ihren Interessen. Grundsätzlich gilt dies für alle modernen Inhaltsanbieter.

Hinzu kommt bei uns aber noch, dass wir durch eine professionelle Schlussredaktion nebst Vier-Augen-Korrektorat dafür sorgen, dass die Artikel auch „formal“ gut rüberkommen. Zudem erstellen wir individuelle Artikelbilder und betreiben noch ein bisschen SEO-Voodoo. Für uns ist guter Content die Summe all dessen, und ich persönlich definiere ihn so und nicht anders. Es ist eine Qualitätsfrage auf mehreren Ebenen und erfordert allerhand interdisziplinäre Zusammenarbeit.

Wer braucht eigentlich „guten Content“ und was kann er für Ihre Kunden im Idealfall bewirken?

Andreas Quinkert:

Na ja, niemand braucht schlechten Content, nicht wahr? Denn wenn mir inhaltliche Angebote nicht weiterhelfen, dann sind sie reine Zeitverschwendung. Leider ist das Web voll davon.

Daneben gibt es aber auch Content, der zwar hilfreiche Informationen liefert, aber schludrig aufbereitet ist. Hier wird tatsächlicher Qualitätscontent schon bald die Nase vorn haben. Stellen Sie sich doch einfach mal zwei Tutorials zur Handhabung einer neuen App vor: Beide enthalten exakt dieselben Informationen – nur ist das eine schlecht strukturiert, miserabel geschrieben und strotzt nur so vor Rechtschreibfehlern, das andere nicht. Welches davon lesen wir wohl lieber …?

Ich habe also keinen Zweifel, dass es angesichts der exponentiell zunehmenden Fülle an Inhalten am Ende der Qualitätscontent sein wird, mit dem Unternehmen beim Content Marketing klarer punkten. Denn dieser zahlt nachhaltiger auf die eigene Marke ein – etwa durch Thought Leadership, Steigerung der Reichweite und Reputationsaufbau. Das übergeordnete Ziel besteht dann darin, auf dieser Basis Leads zu generieren und neue Kunden zu gewinnen. Nur klappt das nicht von jetzt auf gleich, denn die Customer Journey ist heutzutage komplexer. Auch das müssen viele Unternehmen erst noch lernen.

Einmal ist keinmal? Wie sollte eine durchdachte Content Strategy Ihrer Meinung nach aussehen?

Andreas Quinkert:

Die Frage beinhaltet bereits die Antwort: Sie muss durchdacht sein. Das gilt für das Marketing und die PR ebenso wie für das Content Marketing. Leider sind Kommunikationsstrategien insbesondere bei kleineren Unternehmen oft nur wenig durchdacht – teils auch gar nicht vorhanden. Bei Erstgesprächen höre ich dann immer wieder Sätze wie „Unsere Zielgruppe sind alle von 9 bis 99“ oder „Dann nennen Sie uns doch mal eine Strategie, die zu uns passt“. Finde den Fehler!

Fakt ist: Die Entwicklung einer Strategie ist hier wie dort ein relativ aufwändiger Prozess, in dem allerhand Informationen über Zielgruppe, Wettbewerb, Ressourcen etc. gesammelt, aufbereitet, ausgewertet und in ein stimmiges Konzept gegossen werden. Erst danach weiß man, wen man wie, wo und wann erreichen kann, um seine Unternehmensziele mittels gezielter Kommunikationsarbeit zu unterstützen.

In der Content Strategy schließt sich damit der Kreis zu dem, was ich bereits zuvor gesagt habe: Im Fokus steht die Zielgruppe mit ihrem spezifischen Informationsbedürfnis. Und da sich dieses heute schnell ändern kann, müssen sowohl die Inhalte an sich als auch die einzelnen Maßnahmen und Taktiken zur Umsetzung der Strategie jederzeit anpassungsfähig sein.

Inwieweit sind Sie auf eine aktive Mitwirkung Ihres Kunden angewiesen? Nur auf ein Stichwort hin werden Sie kaum erfolgreich arbeiten können.

Andreas Quinkert:

Ohne Mitarbeit läuft rein gar nichts. Schließlich benötige ich vom Kunden immer jede Menge Informationen, um etwas Brauchbares auf die Beine stellen zu können. Alles andere grenzt an Zauberei, und diese würde ich mir dann sehr teuer bezahlen lassen. Blöd also, dass ich kein Zauberer bin …

Aber im Ernst: Als Dienstleister bin ich nun einmal darauf angewiesen, dass sich der Kunde ausreichend Zeit für Briefings nimmt und mir ein realistisches und aufrichtiges Bild seines Unternehmens zeichnet. Mich interessiert nicht nur der Soll-Zustand, sondern zunächst einmal immer der Ist-Zustand. Ich trage dann auf unterschiedliche Weise meinen Teil zu den hoffentlich erfolgreichen Etappen von „Ist“ nach „Soll“ bei, und dies setzt stets einen Dialog auf Augenhöhe und mithin Vertrauen und Offenheit voraus.

Gehen wir in die Praxis. Schildern Sie doch bitte, anhand eines Beispiels, den Ablauf einer Kampagne, die Sie mit einem Kunden erarbeitet haben?

Andreas Quinkert:

Als PR-Freelancer hatte ich bislang überwiegend mit kontinuierlicher Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und redaktionellen Leistungen für Print und Web zu tun. Für ausgewachsene Kampagnen werden eher Agenturen gebucht. Allerdings war ich vor einigen Jahren Seite an Seite mit meinem damaligen Grafik-Kooperationspartner in die Aktivitäten zum 100-jährigen Bestehen eines mittelgroßen, vom Bayer-Konzern gesponserten Sportvereins eingebunden. Inklusive Medienarbeit, Festschrift, Pressekonferenz, Rede des Vorsitzenden und flankierendem Mini-Event. Besonders spektakulär war das jedoch nicht, da sich der Ablauf im Grunde genommen aus sich selbst heraus ergab.

Ein besseres Beispiel ist da sicherlich die Blogparade, die wir Ende vergangenen Jahres mit ZIELBAR durchgeführt haben. Erstaunlich war hier vor allem der Prozess der Ideenfindung, der in Summe keine zehn Sekunden dauerte: Steve Naumann, neben Steve Brattig einer der beiden Initiatoren des Projekts, rief mich eines Tages an und sagte: „Was hältst du davon, wenn wir zum Jahresende eine Blogparade veranstalten?“ Darauf ich: „Prima Idee. Wir wär’s, wenn wir sie ‚Besser bloggen – deine Vorsätze für 2015‘ nennen?“ Tja, und das war es dann auch schon. Eine wahre Brainstorming-Sternstunde!

Am Ende kamen rund 60 Teilnehmer mit zum Teil äußerst inspirierenden Blogbeiträgen zusammen. Eine tolle Resonanz auf unsere allererste Aktion dieser Art – damit hatten wir so nicht gerechnet. Für die Auswertung haben wir uns dann auch mehrere Tage Zeit genommen, womit wir alles in allem auf weit mehr als 200 Arbeitsstunden für die gesamte Kampagne gekommen sind. Schließlich galt es, die zehn besten Beiträge anschließend in ein öffentliches Voting zu schicken, an dessen Ende der Gewinner mit einem Bannerplatz auf unserer Website prämiert wurde. Für ZIELBAR bedeutete das Ganze einen enormen Popularitätsschub. Ende 2015 folgt übrigens unsere nächste Blogparade.

ZIELBAR ist ein noch junges Unternehmen. Was machen Sie anders als andere Anbieter und welche Ziele haben Sie sich für die nächste Zeit gesetzt?

Andreas Quinkert:

Die Wahrheit ist: ZIELBAR ist kein wirtschaftliches Unternehmen, und in Anbetracht des Aufwands, den wir mit je zwei neuen Beiträgen pro Woche betreiben, zeigen sich nicht wenige Leute schon etwas überrascht darüber. Geld verdienen wir damit derzeit also nicht. Vielmehr verstehen wir unser noch nicht ganz zwei Jahre altes Projekt als eine Art Expertenplattform, die per ehrenamtlicher Zusammenarbeit den fachlichen Austausch unter Gleichgesinnten fördert.

Dazu gehören beispielsweise die Pflege unserer Community und das Kuratieren hochwertiger Inhalte Dritter via sozialer Netzwerke. Ich denke, diese besonderen Akzente sind es, die uns am ehesten von anderen unterscheiden. Außerdem ist unser Team jetzt auf acht Mitarbeiter mit unterschiedlichen Kernkompetenzen angewachsen – insofern ist ZIELBAR schon deutlich mehr als „einfach nur“ ein Blog.

Womit wir beim zweiten Teil Ihrer Frage sind: Derzeit forcieren wir unsere Weiterentwicklung hin zu einem Online-Magazin bzw. einer Mischform aus Blog und Magazin. Das bietet uns noch mehr Spielraum für die Art und Weise der von uns publizierten Inhalte. Parallel dazu tüfteln wir an einem umfangreichen Redesign, um den Look und die Usability der Seite weiter zu verbessern. Und auch die noch bessere Einbindung unseres Netzwerks mitsamt der für uns so wichtigen Gastautoren ist selbstverständlich ein Dauerthema.

Außerdem dürfte wohl auf der Hand liegen, dass wir im Hintergrund an ein paar Ideen arbeiten, was man später noch so alles mit ZIELBAR anfangen könnte. Das Potenzial ist jedenfalls nicht ohne – das sehen wir an dem immer größeren Zuspruch, über den wir uns natürlich sehr freuen. Umso wichtiger ist es uns also, dass wir das inhaltliche Niveau halten und insgesamt noch ein paar Prozent herauskitzeln. Etwas Luft nach oben gibt es schließlich immer.

Andreas Quinkert ist seit 2004 als PR-Freelancer für Unternehmen und Agenturen tätig. Beratung, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie redaktionelle Leistungen aller Art standen dabei bislang im Vordergrund. Heute ist der 49-jährige Duisburger auch auf Content Marketing spezialisiert und veröffentlicht regelmäßig Beiträge über ausgewählte Aspekte dieser neuen Marketingdisziplin. Im Sommer 2015 hat er darüber hinaus die Chefredaktion von ZIELBAR übernommen, einem jungen Online-Magazin mit zurzeit acht ehrenamtlichen Mitarbeitern.